Welche Reifenbreite ist die richtige für mich?

Diese Frage bekommen wir sehr oft gestellt. Grund genug das Thema einmal etwas tiefer zu beleuchten. Um das Thema überschaubar zu halten, beschränken wir uns bei unseren Ausführungen auf Reifenbreiten am Rennrad. Das Thema Reifenbreite am Gravel- oder Mountainbike bleibt hier unbeachtet.

Wieso ist das Thema denn überhaupt wichtig? Die Wahl des Reifens hat unmittelbaren Einfluss auf Fahrspaß, Sicherheit und natürlich auch die Performance deines Laufradsatzes bzw. des gesamten Bikes. Der Reifen bestimmt, ebenso wie die Laufräder, wie schnell dein Rad rollt, wie komfortabel sich dein Ride anfühlt und wie sicher sich dein Rad in Kurven oder auf nassen Straßen anfühlt. Und auch in Hinsicht auf die Aerodynamik spielt der Reifen eine wichtige Rolle. Und hierbei geht es nicht rein um die Breite des Reifens oder wie gut der Übergang Reifen zu Felge harmoniert, sondern auch um das Profil des Reifens.

Wer schon in der 80er oder 90er Jahren auf dem Rennrad unterwegs war, kennt sie noch die super schmalen Reifen: 16mm lagen voll im Trend. Generell galt die Meinung, je schmaler der Reifen desto schneller. Seit Ende der 90er Jahre hat man sich von dieser Meinung allerdings verabschiedet. Seit dem werden die Reifen am Rennrad immer breiter. Grund für diese Abkehr war eine eigentlich recht simple Erkenntnis: breite Reifen rollen (bei identischem Luftdruck) leichter, da sie eine größere Aufstandsfläche haben und damit weniger walken als schmale Reifen.

Also nur noch breite Reifen?

Nicht unbedingt. Denn es gibt weitere Aspekte zu berücksichtigen und ähnlich wie bei der Wahl der richtigen Felgenhöhe (siehe hier unseren Artikel zu dieser Fragestellung) sollte der Einsatzzweck berücksichtigt werden. Breite Reifen können mit weniger Luftdruck gefahren werden ohne den Rollwiderstand zu erhöhen. Dadurch bieten sie mehr Komfort und mehr Grip. Breite Reifen stehen aber eben auch breiter im Wind, bieten also eine größere Frontalfläche und damit mehr Luftwiderstand. Darüber hinaus hat ein breiterer Reifen mehr Material, wird also schwerer und lässt sich schwerer beschleunigen.

Um nun also die richtige Reifenbreite für dein Nutzungsverhalten zu finden, schauen wir uns die einzelnen Faktoren die durch den Reifen und dessen Breite beeinflusst werden nochmal etwas genauer an:

Rollwiderstand

Breite Reifen rollen bei identischem Luftdruck leichter, da sie eine größere Aufstandsfläche haben und damit weniger walken als schmale Reifen. Dieser Vorteil kannst du dazu nutzen den Luftdruck zu reduzieren, um somit ohne Nachteile beim Rollwiderstand den Komfort und Grip deiner Laufräder zu verbessern.

Aerodynamik

Der Luftwiderstand eines Reifens wird maßgeblich von dessen Frontalfläche – also der Breite und Höhe – bestimmt. Daraus folgt, dass breite Reifen eine schlechtere Aeroperformance haben als schmalere Reifen. In diesem Zusammenhang spielt aber auch die Breite der Felge eine Rolle bzw. etwas spezifischer, der Übergang von Reifen zur Felge. Steht der Reifen über das Felgenprofil hinaus, hat das negative Auswirkungen auf den Luftstrom, der dann so nicht mehr optimal vom Reifen über die Felge abgeleitet werden kann. Darüber hinaus hat aber auch das Reifenprofil einen elementaren Einfluss auf die Aerodynamik. Ein profilloser Reifen (Slick) kann den auf den Reifen treffenden Luftstrom im Gegensatz zu einem profilierten Reifen nicht optimal führen und es kommt zu Strömungsabrissen. Die Aerodynamik der gesamten Reifen-Laufradkombination leidet.

Für den Einsatz im Zeitfahren oder Triathlon gilt also das breiter nicht unbedingt besser ist. Achte also bei der Wahl der Reifenbreite auf die Kombination mit deiner Felge und wähle am Vorderrad (als erste Angriffsfläche für den Luftstrom) eher einen schmaleren Reifen als am Hinterrad. Vermeide in allen Fällen des Einsatz von profillosen Reifen.

Pannenschutz

Breite Reifen bieten teilweise auch einen besseren Pannenschutz. Der bessere Pannenschutz beschränkt sich allerdings auf die sogenannten Durchschläge. Aufgrund des größeren Reifenvolumens absorbiert der breite Reifen Quetschungen durch Schlaglöcher oder Kanten einfach besser als schmale Reifen. Hinsichtlich dem Schutz vor Durchstichen oder Schnitten gibt es aber keine Unterschiede zwischen breiten und schmalen Reifen.

Gewicht

Es liegt auf der Hand, dass ein Reifen mit zunehmender Breite schwerer wird, da mehr Material verwendet werden muss. Da der Reifen zudem am äußersten Punkt der rotierenden Masse sitzt, hat das Mehrgewicht hier auch noch einen größeren Einfluss als z.B. eine schwerere Nabe, die sich im Zentrum der rotierenden Masse befindet. Dieser Aspekt wird insbesondere dann spürbar, wenn du mit deinem Rad in Situationen unterwegs bist, in denen Du oft beschleunigen musst (z.B. Kriterium). Bedenke also das Mehrgewicht, wenn Du dein Bike für solche Einsatzzwecke verwendest. In nahezu allen anderen Situation spielt dieses Mehrgewicht kaum eine Rolle und sollte deine Entscheidung für einen breiteren Reifen nicht behindern.

Technische Aspekte bei der Auswahl der Reifenbreite

Neben den oben diskutierten Performanceaspekten der Reifenbreite gibt es aber in der Praxis noch einige technische Punkte die du beachten solltest bevor du dich für einen breiten Reifen entscheidest.

Bietet mein Rahmen genügend Platz für einen breiten Reifen?

Ab 28mm Reifenbreite kann es gerade bei älteren Rahmenmodellen schon mal eng werden. Insbesondere bei Rahmen für Felgenbremse ist bei 28mm meistens Schluss. Achte auf Limitierungen durch den Bremskörper oder eben die Maße des Rahmens. Vermesse den Reifendurchlass zwischen Kettenstreben, Sitzstreben und an der Gabel. Der Durchlass sollte 10mm mehr Platz bieten als die beabsichtigte Reifenbreite. Also wenn Du einen 28mm Reifen solltest du einen Durchlass von mindestens 38mm haben. Rahmen für Scheibenbremse sind hier großzügiger Bemessen und erlauben oft auch Reifenbreiten jenseits der 28mm.

Wähle den passenden Schlauch für deine Reifenbreite

Sofern du nicht eh schon tubeless unterwegs bist, solltest Du auch darauf achten den richtigen Schlauch zu deiner Reifenbreiten auszuwählen. Die Standard Schläuche können i.d.R. nur für Reifenbreiten bis 28mm verwendet werden. Geht es darüber hinaus benötigst du auch breitere Schläuche.

Beachte die ETRTO Standards zur möglichen Kombination von Reifenbreite und Innenmaulweite der Felge

Prüfe vor der Auswahl der Reifenbreite welche Innenmaulweite deine Felgen haben. Die folgende Tabelle zeigt, welche Reifenbreiten nach den ETRTO Standards für die jeweilige Innenmaulweite zulässig sind:


Die ETRTO Standards sind allerdings sehr großzügig bemessen und spiegeln nur die technisch möglichen Kombinationen wieder. In der Praxis ist es z.B. wenig sinnvoll einen 35mm Reifen auf einer Felgen mit 15mm Innenmaulweite zu fahren. Der Reifen würde wie ein Ballon auf der Felge sitzen. Das führt zu einem schwammigen Kurvenverhalten und wie weiter oben beschrieben zu Nachteilen bei der Aerodynamik. Umgekehrt macht es in der Praxis auch keinen Sinn einen schmalen Reifen auf einer breiten Felge zu fahren. Dies führt genau wie ein sehr breiter Reifen auf einer schmalen Felge zu Einbußen im Fahrverhalten.

Es gibt also nicht DIE Antwort auf die Frage nach der richtigen Reifenbreite. Die Frage kann also immer nur unter Berücksichtigung vieler Aspekten und deinen persönlichen Rahmenbedingungen getroffen werden. Und letztlich gilt auch noch: Erfahrungen sammeln und testen.

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